DIY-CO2-Ampeln (selbst gebaute CO2-Warnampeln) wurden während der COVID-19-Pandemie zu einem wichtigen Werkzeug, um indirekt die Belastung der Raumluft durch ausgeatmete Aerosole anzuzeigen und dadurch rechtzeitig zum Lüften zu mahnen. Im Folgenden wird die Entstehung und Verbreitung dieser Do-it-Yourself-Lösungen analysiert – von den ersten Initiativen über technische Varianten und eine mögliche Referenzplattform bis hin zur weltweiten Verbreitung. Zudem betrachten wir führende Regionen, die gesellschaftliche Rolle (insbesondere in Schulen, Maker-Communities, Citizen Science) sowie die aktuelle Relevanz nach der Pandemie. Eine Zeitleiste fasst die wichtigsten Meilensteine zusammen.
Ursprung: Erste Initiativen und „Keimzelle“
Bereits im Sommer 2020, kurz nach dem ersten COVID-19-Lockdown, formierte sich in Deutschland eine Graswurzel-Initiative aus Wissenschaftlern und Makern. Forscher am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier entwickelten gemeinsam mit der Expertengruppe IoT des nationalen Digitalgipfels einen quelloffenen Bausatz für eine CO₂-Ampel. Diese „Keimzelle“ – die sogenannte IoT2-Werkstatt um Prof. Klaus-Uwe Gollmer und den Maker Guido Burger – legte den Grundstein für zahlreiche Nachbauten. Im Herbst 2020 veröffentlichten beide das Projekt „CO2 Ampel – Der CO2-Warner für die Schule“ als Titelstory im Make-Magazin (Heise). Die detaillierte Bauanleitung erschien online auf den Seiten des Umwelt-Campus, auf Deutsch und Englisch. Diese Initiative kann als Blaupause angesehen werden, von der viele weitere Projekte inspiriert wurden [dieLinde.online].
Parallel dazu erkannten Behörden und Experten den Nutzen solcher CO₂-Messgeräte. Das Umweltbundesamt empfahl im August 2020 einen regelmäßigen Luftaustausch in Innenräumen; eine CO2-Ampel könne anzeigen, wann gelüftet werden muss. Die Swiss National COVID-19 Science Task Force fasste ebenfalls früh die wissenschaftlichen Potenziale der CO₂-Messung als Indikator für Aerosolbelastung zusammen. Diese offiziellen Stimmen untermauerten die Idee, ein einfaches Messgerät für jeden Klassenraum bereitzustellen – wenn nicht kommerziell verfügbar, dann eben im Selbstbau.
Fazit (Ursprung): Als Keimzelle der DIY-CO2-Ampeln gilt eine deutsche Open-Source-Initiative aus der Makerszene und Hochschule (Hochschule Trier, Umwelt-Campus) im Sommer 2020. Sie wurde rasch von Schulen, FabLabs und Hackspaces aufgegriffen, während auch offizielle Stellen die Idee unterstützten.
Varianten: Anzahl und technische Unterschiede
Nach dem Startschuss 2020 entwickelte sich ein bunter Strauß an Varianten von DIY-CO₂-Ampeln. Gemeinsam ist allen der Kern: ein NDIR-CO2-Sensor (nichtdispersiver Infrarotsensor), ein Mikrocontroller und eine Ampel-Anzeige (meist LEDs in Ampelfarben). Doch im Detail unterscheiden sich die Projekte:
Hardware-Plattformen: Viele Designs basierten auf Arduino-kompatiblen Boards oder ESP8266/ESP32-Microcontrollern mit WLAN-Funktion. Die IoT-Werkstatt-Referenz nutzte z.B. das IoT-Octopus Board (ESP8266) oder Adafruit Feather, während andere auf Arduino Nano, Raspberry Pi oder spezielle Dev-Kits setzten. Einige Projekte (z.B. in Montreal) verwendeten sogar leistungsfähigere Controller (Feather M4 Express) für zusätzliche Funktionenmakezine.com.
CO2-Sensoren: Weit verbreitet war der Sensirion SCD30 (Dual-Channel-NDIR mit hoher Genauigkeit) makezine.com. Alternativ kamen günstigere Sensoren wie MH-Z19 oder SenseAir S8 zum Einsatz, um die Kosten zu senken (diese haben meist einen Messbereich bis ~2000 ppm und ausreichende Genauigkeit für Lüftungszwecke). Später wurden auch neuere Sensoren wie SCD40/SCD41 getestet. Die Wahl des Sensors beeinflusste Preis und Präzision: Während der SCD30 sehr zuverlässige Werte liefert, konnten Low-Cost-Sensoren eine DIY-Ampel auf unter 30 € Materialkosten drücken.
Anzeige und Alarmierung: Alle Varianten nutzen eine „Ampel“-Visualisierung: Grün für gute Luft, Gelb für grenzwertig, Rot für Lüften dringend erforderlich. Teilweise wurden LED-Streifen oder -Ringe verwendet, andere nutzten 3 einzelne LED (Rot/Gelb/Grün) oder RGB-Module. Viele Geräte hatten zudem ein Display (OLED oder LCD) zur Anzeige des genauen CO₂-Werts in ppm. Einige fügten akustische Alarme (Summer) hinzu, die bei Überschreiten eines Schwellenwerts warnen.
Datenlogging und Vernetzung: Einfache CO₂-Ampeln zeigten nur lokal den Wert an. Aufwändigere DIY-Projekte loggten Daten auf SD-Karte oder sendeten sie per WLAN an Cloud-Dienste (z.B. ThingSpeak oder schulinterne Dashboards). So konnte man Verläufe analysieren und z.B. zentral überwachen, welche Klassenräume schlecht belüftet sind. In wenigen Fällen kam sogar LoRaWAN zum Einsatz, um Geräte ohne WLAN-Anbindung zu vernetzen (sinnvoll für großflächige Schulnetze).
Zusatzfunktionen: Manche Varianten integrierten weitere Umwelt-Sensoren (z.B. BME680 für Temperatur, Feuchte und Luftqualität) oder Motion-Sensoren für Anwesenheit. Auch Batteriebetrieb wurde ausprobiert, um die Geräte mobil aufstellen zu können. Einzelne Maker ergänzten sogar 3D-gedruckte Gehäuse und Maskottchen.
Insgesamt entstanden Hunderte von individuellen Varianten. Einige waren sehr minimalistisch (nur Sensor, Mikrocontroller, LED), andere sehr ausgefeilt (mit Gehäuse, Display, Logging und Internetanbindung). Diese Vielfalt zeigt die Stärke der DIY-Community: Anpassung an lokale Bedürfnisse und kreative Weiterentwicklungen. Trotz Unterschieden gab es aber auch Bemühungen, Standards zu setzen – etwa durch die verbreitete Nutzung des IoT-Octopus-Boards und der Sensirion-Sensoren als Referenzplattform.
Blaupause: Gab es eine Referenzplattform?
Ja, relativ früh kristallisierte sich eine inoffizielle Referenzplattform heraus. Die Open-Source-Bauanleitung der IoT-Werkstatt (Umwelt-Campus) diente vielen als Vorlage. Diese setzte auf:
ESP8266-Mikrocontroller (IoT-Octopus bzw. Adafruit Feather HUZZAH) mit leicht programmierbarer Arduino-IDE. Die IoT-Werkstatt stellte sogar eine fertig konfigurierte Arduino-Umgebung mit allen benötigten Libraries und Ardublock-Blöcken bereit, um den Einstieg zu erleichtern.
Sensirion SCD30 CO2-Sensor am I²C-Bus, ergänzt um einen BME680-Umweltsensor auf dem Octopus-Board. Diese Kombination erwies sich als zuverlässig und präzise, war aber etwas teurer (~40–50 € für den CO₂-Sensor allein).
LED-Anzeige mittels eines Adafruit Charlieplexed LED-Rings (12 LEDs) oder wahlweise eines NeoPixel-Streifens. Die Vorlage nutzte einen runden Holzrahmen (z.B. Bilderrahmen vom schwedischen Möbelhaus) mit aufgedruckter Skala – ein leicht reproduzierbares Design.
Software/Cloud-Anbindung: Die Firmware (Arduino-Code) wurde als Open Source bereitgestellt (z.B. auf GitHub). Sie konnte bei Bedarf an WLAN angebunden und mit einem IoT-Dashboard gekoppelt werden. So entstanden vielerorts sehr ähnliche „Octopus CO2 Ampeln“.
Neben dieser deutschen Blaupause entstanden auch andere Referenzdesigns in der Community. In Spanien kursierte ab Ende 2020 ein populärer Ansatz namens „Medidor CO₂ casero por 30€“, der auf einem günstigen MH-Z19-Sensor und einem ESP8266-Board (NodeMCU) basierte. Dieses spanische Tutorial – teils als „CO2 Easy“ bekannt – verbreitete sich über Blogs und soziale Medien und wurde im hispanischen Raum vielfach nachgebaut. Ebenso entwickelte das FabLab Karlsruhe eine CO2-Ampel (V2) speziell für Schulen und Kitas und stellte Schaltpläne und Code auf GitHub bereit.
In der Praxis griffen viele Maker-Gruppen auf existierende Open-Source-Vorlagen zurück, passten sie aber an. Dadurch kann man von einer Referenzplattform sprechen (ESP8266 + NDIR-Sensor + LED-Ampel), die in Variationen weltweit umgesetzt wurde. Zitat aus einem Projekt: „Inspired by and many thanks to make-IoT/CO2-Ampel and Umwelt-Campus.“ – diese Danksagung in einem GitHub-Repository zeigt, dass die deutsche Vorlage global als Ausgangspunkt diente.
Verbreitung: Ausmaß und führende Regionen
Deutschland entwickelte sich zum Vorreiter der DIY-CO2-Ampeln. Hunderte von Schulprojekten und Maker-Initiativen schossen ab Herbst 2020 aus dem Boden. Die Resonanz war „überwältigend“ – viele Lehrer, Eltern und Ehrenamtliche organisierten regionale Selbstbau-Aktionen. Einige Bundesländer förderten dies sogar finanziell: In Baden-Württemberg konnten Lehrkräfte Bausatz-Mittel beantragen, in NRW bauten zdi-Schülerlabore eifrig Ampeln.
Konkrete Beispiele aus Deutschland:
Im Landkreis St. Wendel (Saarland) wurden mit Unterstützung des Innenministeriums Klassenräume mit über 600 DIY-CO2-Ampeln ausgestattet.
Die Städte Bühl, Baden-Baden und Herrenberg veranstalteten Hackathons, bei denen Schulen und Öffentlichkeit gemeinsam Ampeln bauten.
Die Maker-Zeitschrift Make: (Heise) verschenkte 2000 Platinen ihrer CO₂-Ampel-Version an interessierte Nachbauer – ein Hinweis auf die enorme Nachfrage.
FabLabs wie Karlsruhe/Bruchsal entwickelten eigene Prototypen und verteilten sie an Schulen (z.B. im Oktober 2020 an die Drais-Gemeinschaftsschule in Karlsruhe). Dort sprang die Ampel ab 800 ppm auf Gelb und ab 1000 ppm auf Rot – Werte, die sich als inoffizieller Standard in vielen Projekten etablierten.
Der Hackerspace UN–Hack-Bar (Kreis Unna, NRW) baute optimierte Ampeln für nur ~30 € Materialkosten und konnte dank einer Stiftung alle Schulen im Kreis Unna mit je einer Ampel ausstatten un-hack-bar.de (Dutzende Geräte).
Ein herausragendes Beispiel für die regionale Adaption der DIY-CO₂-Ampel des Umwelt-Campus Birkenfeld ist das Projekt „WippKids“ in Wipperfürth (NRW). Aufbauend auf dem Open-Source-Konzept der IoT-Werkstatt entwickelte das WippKids-Team ab 2021 eine eigene CO2-Ampel-Version für Schulen und Kitas vor Ort. Gemeinsam mit Kindern und Pädagog:innen wurden die Geräte programmiert, zusammengebaut und in Klassenzimmern installiert. Das Projekt übernahm nicht nur die technische Grundlage (LED-Ampel, CO2-Sensorik, ESP-Mikrocontroller), sondern verstand sich auch als Beitrag zur MINT-Bildung und partizipativen Technikvermittlung. So zeigt WippKids exemplarisch, wie offene Bildungsformate aus der Hochschule erfolgreich in die kommunale Praxis übertragen werden können.
Auch Europaweit verbreitete sich die Idee schnell. In Österreich und Schweiz wurden an Schulen und in Elterninitiativen CO2-Messgeräte gebaut (oft basierend auf deutschen Anleitungen). In Frankreich erstellten Maker vielfältige Anleitungen mit eigenen lustigen Gehäusen.
CO2 en Classe („Projet CO2“) – Frankreich: Eine französische Open-Science-Initiative (u. a. Twitter @LaFabrique und Kampagne #NousAérons) hat 2020 die deutsche CO₂-Ampel-Idee übernommen, um Klassenzimmer auszustatten. Technisch kommen NDIR-CO₂-Sensoren (Kostenpunkt ~30–40 €, z. B. Sensirion-Sensoren) und WLAN-fähige Mikrocontroller (ESP8266 „Octopus“-Board) zum Einsatz. Die Organisatoren bezogen sich ausdrücklich auf das IoT-Werkstatt-Konzept: In einem Interview mit Guido Burger wurde der DIY-Ansatz als Vorbild vorgestellt your.sensor.community. Lokale Bildungsbehörden (DSDEN Allier) verbreiteten die Baupläne landesweit weiter your.sensor.community. Ziel (2020): Schüler*innen und Lehrkräfte bauen eigene CO₂-Messgeräte, um Aerosolkonzentrationen sichtbar zu machen und durch rechtzeitiges Lüften das COVID-19-Risiko in Schulen zu senkenyour.sensor.community.
Das Projekt CHANGE – gefördert durch Erasmus+ – ist ein europäisches Bildungsprojekt zur Raumluftqualität, das in Schulen in Italien, Spanien, Bulgarien und Rumänien durchgeführt wurde. Es basiert auf einem Open-Source-Ansatz mit CO2-Messstationen und orientiert sich in Didaktik, Sensorik und Hardware stark am Vorbild der IoT-Werkstatt (Umwelt-Campus Birkenfeld). Die eingesetzte Technik (NDIR-CO2-Sensoren, Open-Source-Software, ESP-Boards, LED-Anzeige, Webinterface in HTML+JS) folgt direkt dem Modell der DIY-CO2-Ampeln aus Birkenfeld. Die Station ist modular, einfach aufbaubar (<10 Minuten), und vollständig quelloffen. Das Bildungsmodul umfasst Theorie (Luftqualität, Klima), Programmierung (Python, Linux) und Schülerexperimente. Fazit: CHANGE ist eines der stärksten internationalen Nachfolgeprojekte der Umwelt-Campus-Idee – skalierend, didaktisch durchdacht und technisch sehr nah am Originalkonzept.
Besonders stark war der DIY-Trend in Spanien: Dort machten sich ab Spätherbst 2020 viele Lehrkräfte und Eltern selbst ans Werk, da fertige Geräte schwer erhältlich oder teuer waren. Spanische Wissenschaftler wie Prof. José-Luis Jimenez (Aerosol-Experte) empfahlen CO2-Messung als Pandemie-Maßnahme, was einen Run auf CO2-Sensoren auslöste. Es entstanden Online-Communities, die sich über den Bau austauschten. So wurden in spanischen Schulen hunderte medidores de CO₂ caseros eingesetzt – parallel beschafften einige Regionen (z.B. Madrid) auch kommerzielle Geräte in großer Zahl (Madrid verteilte 2021 z.B. 5000 CO2-Monitore an Schulen, allerdings gekauft und nicht DIY) comunidad.madrid. Trotz dieser offiziellen Käufe bleibt bemerkenswert, dass viele Schulen vorab schon mit Eigenbauten nachgeholfen hatten.
Auch außerhalb Europas fand die DIY-CO2-Ampel Verbreitung. Ein Beispiel ist Kanada: Im Januar 2021 baute ein Vater in Montreal für die Klasse seiner Tochter eine eigene CO2-Anzeige, nachdem er online vom DIY-Projekt erfahren hatte. Die 11-jährige Odessa brachte das Gerät täglich mit in die Schule, zeichnete die Werte auf und steigerte so das Bewusstsein für Lüftung – ihr Projekt schaffte es sogar in die Lokalnachrichten.
Make:Cast „CO2 Traffic Light“ – USA (Maker-Bewegung): Das amerikanische Maker-Magazin Make: griff 2021 die CO₂-Ampel als STEM-Projekt auf und verbreitete sie international. Make:-Gründer Dale Dougherty präsentierte zusammen mit Guido Burger in Podcast und Artikel den Selbstbau der „CO2 Traffic Light“buzzsprout.commakezine.com. Verwendet wurden der Sensirion SCD30-CO₂-Sensor und das Octopus-Board (ESP8266) mit Ardublock-Programmierung – identisch zur Ampel des Umwelt-Campus. Im Make:Cast wurde die Funktionsweise genau erläutert und betont, dass Schüler diese Geräte selbst bauen und als IoT-Anwendung nutzen können buzzsprout.com. Ziel (2021): Wissenstransfer über die deutsche DIY-CO₂-Ampel in die weltweite Maker-Community, um properes Lüften und Raumluftqualität in Pandemiezeiten global zu fördern buzzsprout.com.
My Mars Mission (USA): CO₂-Ampeln für eine gesunde Lernumgebung – auf der Erde und dem Mars. In Kooperation mit der Fizzeelabs Foundation ist das Open-Source-Konzept der IoT²-Werkstatt aus Deutschland auch in der STEM-Ausbildung in den USA angekommen. Unter dem Motto „Take My Mars Mission into your classroom!“entwickeln Schülerinnen und Schüler eigene Ampeln und lernen spielerisch, wie Sensorik, Luftqualität und digitale Bildung zusammenhängen. Die Idee: Wer auf dem Mars überleben will, muss die Atmosphäre ständig überwachen – warum also nicht mit einem selbst gebauten Sensor anfangen? Die DIY-CO2-Ampel dient dabei als Lernplattform für Raumluftüberwachung, Energieeinsparung und Gesundheitsprävention. Anders als in Deutschland existieren in vielen US-Bundesstaaten bereits gesetzliche Vorgaben zur Kontrolle der Raumluftqualität in Bildungseinrichtungen. Das Projekt knüpft daran an – und verbindet MINT-Bildung mit Umweltbewusstsein, Maker-Mentalität und einer Prise Science-Fiction.
In Südamerika wurden CO2-Ampeln ebenfalls nachgebaut: In Kolumbien entstand das Citizen-Science-Projekt “LibreCO2”, das Anleitungen veröffentlichte und Schulen (z.B. Colegio de la Salle, Bogotá) beim Bau unterstützteaireciudadano.com. In Peru gewann im November 2021 ein Schülerteam mit einem selbst gebauten CO₂-Monitor einen nationalen Wissenschaftswettbewerb (Feria Eureka). Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Idee weltweit aufgegriffen wurde – oft befeuert durch Social Media, Maker-Foren und die Erkenntnisse der Aerosol-Forschung.
Geschätzte Anzahl: Belastbare Zahlen sind schwierig, da es sich um verteilte DIY-Projekte handelt. In Deutschland waren bis Frühjahr 2021 sicherlich einige tausend CO2-Ampeln im Einsatz – alleine aus den genannten Aktionen (600 im Saarland, 2000 Heise-Platinen, viele lokale Projekte). Weltweit kann man von einer ähnlichen Größenordnung im hohen vier- bis niedrigen fünfstelligen Bereich ausgehen. Die Schwelle zur Massenproduktion wurde im DIY-Kontext jedoch nicht überschritten; vielmehr war es eine Summe vieler kleinerer Initiativen. Wichtig ist: Deutschland und Zentraleuropa führten diese DIY-Bewegung an, während anderenorts eher auf kommerzielle Lösungen gesetzt wurde, sobald diese verfügbar waren.
Gesellschaftliche Rolle: Schulen, Maker und Citizen Science
DIY-CO2-Ampeln übernahmen während der Pandemie eine bedeutende gesellschaftliche Rolle. Insbesondere in Schulen waren sie mehr als nur technische Gadgets – sie wurden zu pädagogischen Projekten und halfen, Wissen über Aerosole und Lüftungsverhalten zu verbreiten:
Bildung und MINT-Förderung: Der Selbstbau einer CO₂-Ampel wurde bewusst als fächerübergreifendes Lernprojekt eingesetzt. Schülerinnen und Schüler lernten beim Zusammenbau Physik (Infrarotmessung), Biologie (Atmung/Aerosole) und Informatik (Programmierung des Mikrocontrollers). Dies förderte MINT-Kompetenzen und das Interesse an Technik. „Beim Selbstbau können sich die Schüler aktiv einbringen und Hintergründe erforschen“, erläuterte Prof. Gollmer – so entstehe Akzeptanz und das Gefühl, selbst etwas zur Risikominimierung beizutragen. Viele Lehrer berichten, dass die Kids mit Eifer bei der Sache waren und stolz ihre gebauten Ampeln präsentierten. Ein Lehrer aus Karlsruhe meinte: „Die Schüler sollen ein Gespür dafür kriegen, wann gelüftet werden muss“ – genau dieses Bewusstsein wurde durch das gemeinsame Bauen geschaffen.
Akzeptanz für Maßnahmen: Geräte, die man selbst gebaut hat, werden eher akzeptiert. In Klassen mit DIY-Ampel gab es weniger Diskussion über das Lüften – die Ampel wurde als objektiver Mahner wahrgenommen. Ein Praxisbeispiel: In Montreal nahm die Lehrerin die von Odessa mitgebrachte Ampel so ernst, dass sie fragte „Wo ist es, bitte bring es morgen wieder mit“, als das Gerät einmal fehlte. Durch die Transparenz der Messung verstanden alle besser, warum gelüftet werden muss. Das Selbermachen schaffte Vertrauen in die Technik und erhöhte die Bereitschaft, den Anzeigeempfehlungen zu folgen.
Maker-Community und Ehrenamt: Die DIY-CO₂-Ampel-Bewegung zeigte die Stärke von Maker-Communities in Krisenzeiten (ähnlich wie zuvor bei Gesichtsmasken oder 3D-gedruckten Ventilen). Engagierte Tüftler in Hackerspaces, FabLabs und Jugendzentren stellten in ihrer Freizeit Geräte für Schulen, Kitas, Bibliotheken oder Vereinsräume her. Viele taten dies unentgeltlich oder finanziert durch Spenden. Diese Graswurzelhilfe schloss eine Lücke, als Politik und Schulträger noch zögerten. Fablab-Initiator Nils Roßmann sagte dazu: „Unsere CO2-Ampel zeigt, wann gelüftet werden muss… Wir wollten in der Krise unterstützen“. Die Vernetzung der Maker untereinander (über Twitter, GitHub, Foren) sorgte für schnellen Wissensaustausch – ein echtes Citizen-Science-Netzwerk entstand. So finden sich auf dem Twitter-Kanal von Guido Burger unzählige geteilte Nachbauprojekte im ganzen Bundesgebiet.
Citizen Science und Daten: Einige Projekte nutzten die Gelegenheit, um Daten zu sammeln und öffentlich bereitzustellen. So gibt es CO2-Ampeln, die Messwerte an offene Plattformen senden (z.B. ThingSpeak Channels). In Berlin integrierte man CO2-Sensoren in das Citizen-Science-Netzwerk für Luftqualität. Solche Daten helfen Wissenschaftlern, das Lüftungsverhalten und Aerosol-Risiko besser zu verstehen. Außerdem erhöhen Bürger-Messaktionen die Transparenz: Eltern können z.B. online sehen, wie die CO2-Werte in der Klassenzimmer-Luft über den Tag schwanken. Das stärkte wiederum das Vertrauen in die getroffenen Maßnahmen („Wir fühlten uns sicherer mit Daten zur Lüftung“, so eine Mutter in Montreal).
Zusammenfassend wirkten DIY-CO2-Ampeln als Brücke zwischen Technik und Gesellschaft: Sie halfen, Wissen über Ansteckungsrisiken zu verbreiten, Partizipation zu fördern (Schüler als Akteure) und zeigten, wie Bürger durch Eigeninitiative einen Beitrag leisten können. Außerdem brachten sie Generationen zusammen – von den „digitalen Tüftlern“ bis zu Schulkindern.
Aktuelle Nutzung und Relevanz nach der Pandemie
Mit dem Abklingen der akuten Pandemielage stellt sich die Frage: Was ist aus den CO2-Ampeln geworden? Sind sie noch im Einsatz und relevant? Die Antwort lautet: Ja, aber mit verschobenen Schwerpunkten.
Weiterhin im Einsatz in Bildungseinrichtungen: Viele Schulen, die sich DIY-Ampeln gebaut hatten, nutzen diese auch weiterhin im Alltag. Zwar steht nicht mehr die Angst vor COVID im Vordergrund, doch die Geräte haben ihren Wert als Luftqualitäts-Monitor bewiesen. Hohe CO2-Werte führen zu „dicker Luft“, Müdigkeit und Konzentrationsschwäche im Unterricht. Zielgerichtetes Lüften verbessert das Lernklima deutlich. So hilft die Ampel nun, schleichende Ermüdungsprozesse zu vermeiden – denn es ist erwiesen, dass hohe CO₂-Konzentrationen die Aufmerksamkeit der Schüler um bis zu 5 % reduzieren umwelt-campus.de. Schulen berichten, dass sie dank der Ampeln jetzt einen Lüftungsfahrplan etabliert haben, der auch jenseits von Corona sinnvoll ist. Manche DIY-Geräte wurden nachgerüstet, um z.B. Raumklima-Daten für Schulprojekte aufzuzeichnen oder um zusätzlich Temperatur/Feuchte anzuzeigen (wichtig für Komfort und Schimmelprävention).
Institutionalisierung und Professionalisierung: In einigen Regionen wurden die DIY-Lösungen später durch professionelle CO2-Messgeräte ersetzt, sobald verfügbar und bezahlbar. Dennoch haben die DIY-Ampeln Einfluss auf die Ausstattung gehabt. Beispiel: Die Hansestadt Lübeck rüstete bis Frühjahr 2022 alle städtischen Schulen und Kitas mit CO2-Sensoren aus – hier floss sicher das durch DIY geweckte Bewusstsein ein. Ähnlich verteilte das britische Bildungsministerium 2021/22 hunderttausende CO2-Messgeräte an Schulen (ausschließlich kommerziell). Die DIY-Pionierarbeit hat also den Weg bereitet, dass Raumluftqualität nun ein fester Bestandteil des Infektions- und Klimaschutzes in Innenräumen ist.
Maker-Communities nach der Pandemie: Viele Maker, die damals CO₂-Ampeln bauten, haben ihre Projekte abgeschlossen oder in neue Richtungen geführt. Einige nutzten die Erfahrungen, um z.B. Luftfilteranlagen zu bauen oder sich dem Thema Feinstaub und Klimaschutz zuzuwenden. Doch die Open-Source-Pläne bleiben verfügbar: Sollte eine neue Infektionswelle kommen oder ein anderes Land solche DIY-Ampeln benötigen, steht ein erprobtes Referenzdesign bereit. In der Community werden CO₂-Ampeln mittlerweile als Teil eines größeren „Healthy Indoor Air“-Themas gesehen, das auch nach COVID relevant bleibt.
Langzeit-Relevanz: Die Pandemie mag ihren Höhepunkt überschritten haben, aber gute Luftqualität ist ein Dauerbrenner. Lehrer berichten, dass Schüler nun selbstständig auf die Ampel achten – Lüften als Gewohnheit. Auch in Büros, öffentlichen Einrichtungen und Privathaushalten sind CO2-Messgeräte (teils DIY, teils kommerziell) keine Seltenheit mehr. Zudem helfen sie beim Klimaschutz: Nicht unnötig heizen und lüften, sondern bedarfsgerecht. Eine digitale CO2-Ampel ermöglicht es, das Lüften fein auszusteuern – genug Frischluft für Gesundheit, aber nicht mehr als nötig, um Energie zu sparen. Diese Balance bleibt auch nach der Pandemie relevant.
Fazit (nach der Pandemie): Viele DIY-CO₂-Ampeln haben ihre kurzfristige Mission erfüllt, aber ihr Erbe wirkt fort. Sie haben dazu beigetragen, dass Raumluftqualität künftig ernster genommen wird – in Schulen, Büros und der allgemeinen Wahrnehmung. Als Citizen-Science-Werkzeuge bleiben sie ein Beispiel dafür, wie selbstgebaute Technik gesellschaftlichen Nutzen stiften kann, weit über die ursprüngliche Krise hinaus umwelt-campus.de.
Zeitleiste wichtiger Meilensteine
Frühjahr 2020: Erste Hinweise von Wissenschaftlern auf CO2-Messung als Proxy für Aerosole (z.B. Empfehlungen von Experten, Swiss COVID-Task-Force).
Sommer 2020:IoT-Werkstatt (Umwelt-Campus Birkenfeld, DE) entwickelt Open-Source-CO2-Ampel. Guido Burger und Klaus-Uwe Gollmer veröffentlichen Anleitung im Make-Magazin 5/2020. Startschuss für viele Nachbau-Initiativen.
August 2020: Schuljahr beginnt (DE) unter Pandemiebedingungen. Umweltbundesamt empfiehlt Lüften; DIY-CO₂-Ampeln werden als Lösung propagiert. WeSpeakIoT berichtet über den Bausatz aus Trier.
September/Oktober 2020: Erste Schulprojekte entstehen: FabLab Karlsruhe installiert Prototypen (25.09.), Hackergruppen wie UN-Hack-Bar (Unna) starten Massenbau (Okt.). Bundesweit machen Medien auf die „CO2-Ampel“ aufmerksam. Ampel-Schwellenwerte (ca. 800 ppm Gelb, 1000 ppm Rot) setzen sich durch.
Herbst/Winter 2020:Explosion der DIY-Projekte: Hunderte Klassenräume werden ausgestattet. Schüler bauen im Unterricht eigene Ampeln. Twitter und Blogs teilen Bauanleitungen (auch international, z.B. auf Spanisch). Erste Förderprogramme (BW, NRW) stellen Mittel bereit.
Dez 2020 – Jan 2021: Aerosol-Übertragung wird global anerkannt. DIY-CO2-Ampeln gehen international: In Spanien bauen Lehrer dutzendweise Geräte; im Januar präsentiert ein Vater in Kanada seine selbst gebaute Ampel im TV. Open-Source-Designs aus DE werden auf GitHub weltweit referenziert.
März 2021:Bundesweite Aufmerksamkeit: Pressemitteilungen (Umwelt-Campus) berichten von überwältigender Resonanz. Städte wie St. Wendel (600 Klassen) und andere rüsten massiv auf. Make-Magazin verschenkt 2000 Platinen an Maker.
April/Mai 2021: Make: (USA) startet „Plan CO2“-Serie – DIY-Ampeln werden zum Thema in der globalen Maker-Szene. Guido Burger gibt in einem ausführlichen Make-Artikel Einblicke in Sensor-Vergleiche und Klassenzimmer-Tests.
Schuljahr 2021/22: Langsame Normalisierung: Viele DIY-Ampeln verbleiben in den Klassen und werden im Alltag genutzt, parallel beschaffen Behörden kommerzielle Geräte. In Berlin, Bayern, UK etc. laufen Programme zur flächendeckenden Ausstattung – initiiert auch durch den Erfolg der DIY-Projekte.
2022 – heute: Thema Luftqualität bleibt präsent. DIY-CO₂-Ampeln werden seltener neu gebaut, aber die bestehenden dienen nun der Klimatisierung und Gesundheitsförderung im Alltag. Makerspaces dokumentieren ihre Projekte als Best Practices, falls Bedarf erneut entsteht. Die Erfahrungen fließen in neue Citizen-Science-Projekte ein (z.B. Feinstaub, Raumklima).
Quellen: Die obigen Informationen wurden im April 2025 im Rahmen eines Deep Research mit ChatGPT zusammengetragen – u.a. Beiträge der Hochschule Trier, Artikel aus Technikmedien (Make, WeSpeakIoT) sowie Beispielen aus Schulen und Maker-Initiativen. Diese belegen die Entstehung, Vielfalt und Wirkung der DIY-CO2-Ampeln während und nach der COVID-19-Pandemie.
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