Es ist Pandemie und wir nutzen eine der schärfsten Waffen nicht - Digitalisierung. Warum nicht? (Datenlage Schule nein, Kontaktverfolgung nein, Impftermine nein, Homeoffice nunja, Einzelhandel/Kultur/Kneipe nein...) verdammt wir könnten damit soviel bewegen?!
Wir sollten die Pandemie als „Disruption“ sehen und damit verstehen, welche Chance hier liegt uns nachhaltig als Gesellschaft zu verändern. Es betrifft Alle, es wird kein „zurück zum Alten“ geben.
Unser Ansatz: MINT-Aufklärung und digitale Tools nutzen - Selbstbau einer CO2-Ampel!
Ein CO2-Messgerät gehört in jeden Klassenraum und in jeden Hörsaal, entweder käuflich erworben, oder noch besser, gleich selbst gebaut. Denn beim Selbstbau lernen wir viel über Physik, Biologie, Chemie, sowie Informatik und können sogar weitere Features integrieren, die kaum ein Standardgerät bietet. Eine Expertengruppe der Swiss National COVID-19 Science Task Force hat die Potentiale der CO2-Messung aus wissenschaftlicher Sicht zusammengefasst. Die IoT2-Werkstatt ermutigt das Bildungssystem, sich selbst zu helfen. Wir unterstützen euch hier mit Bauanleitung und wissenschaftlichen Informationen. Weitere Tipps und Nachbauprojekte im ganzen Bundesgebiet findet ihr im Twitter von Guido Burger.
Aktuelle Mutationen lassen eine höhere Ansteckungsgefahr und impfresistente Virenstämme befürchten, auch Kinder und Jugendliche beeinflussen das Infektionsgeschehen. Beides keine guten Nachrichten für die Gesellschaft und fürs Bildungssystem. Fest steht: Aerosole spielen eine große Rolle bei der Übertragung in Innenräumen. Aerosole können wir nicht messen, wohl aber CO2 als Surrogatmarker. Zu wenig lüften erhöht das Erkrankungsrisiko, zu viel lüften schadet der Umwelt. Das Video des ScienceLabs der TH Rosenheim fasst die wissenschaftlichen Hintergründe sehr anschaulich zusammen. Mit diesem Mitmachprojekt zur bedarfsorientierten Lüftung möchten wir die Initiative ergreifen, um die Virusausbreitung zu reduzieren und zugleich den Klimaschutz zu würdigen.
Auch nach der Pandemie hilft uns zielgerichtetes Lüften dabei, schleichende Ermüdungsprozesse im Unterricht zu stoppen. Denn hohe CO2-Werte reduzieren auch die Aufmerksamkeit und das Lernverhalten der Schülerinnen und Schüler. Hier konkrete Ergebnisse aus verschiedenen Studien:
Können wir uns das leisten?
Nutzt die IoT2-Werkstatt, informiert euch über die Hintergründe (Linkliste), entwickelt eigene Ideen, baut selbst. Nicht nur in Zeiten der Pandemie sind diese Skills von herausragender Bedeutung (KI, SmartCity, Spektrometer, Pegelmessung Starkregen, Feinstaub und vieles mehr) . Aber Schritt für Schritt:
Woher stammt das in Innenräumen befindliche Kohlendioxid?
Richtig, es stammt aus der Ausatemluft der Personen, die sich in den Innenräumen aufhalten. Jeder Mensch atmet pro Minute etwa 8-10 Liter Luft aus, die dort im intensiven Kontakt mit dem Lungengewebe gestanden hat. Die ausgeatmete Luft enthält deshalb neben CO2 (4 % = 40.000 ppm) auch winzige Flüssigkeitströpfchen (Aerosole), die aufgrund ihrer Größe für längere Zeit in der Luft schweben können. Ist die jeweilige Person mit dem Virus infiziert, so enthalten diese Tröpfchen auch Viruspartikel. Bei Aerosol-Sinkgeschwindigkeiten von wenigen Metern pro Stunde (Quelle) und Abnahme der biologischen Virus-Infektionsaktivität mit einer Halbwertszeit von ca. 2.7 Stunden (Quelle) bleibt die Raumluft längere Zeit belastet. Atmet ein gesunder Mensch diese kontaminierten Tröpfchen ein und überschreitet die darin enthaltende Anzahl an Viruspartikel eine minimale Infektionsdosis, so wird die Krankheit übertragen. Über 200 Wissenschafterinnen und Wissenschaftler appellierten kürzlich an die WHO, luftgebundenen Übertragungswege bei SARS-CoV-2 ernster zu nehmen (Morawska & Milton, 2020). Die CO2-Messung bietet eine kostengünstige Lösung zur Einordnung des aktuellen Risikos durch potentiell infektiöse Aerosole.
Befinden wir uns mit mehrerern Personen in einem Raum, so liefert die Messung der CO2-Konzentration ein Maß dafür, wieviel Prozent der von uns eingeatmeten Luft aus bereits ausgeatmeter Luft anderer Menschen besteht. Die Massenbilanz zeigt, dass eine gemessene CO2-Konzentration von ca. 1200 ppm (parts per million) bedeutet, dass fast 2% der Luft im Raum bereits mindestens einmal Lungenkontakt hatte [Rudnick&Milton, 2003]. Anschaulich kann man feststellen, dass jeder 50.te Atemzug den eine Person in diesem Raum tätigt, aus schon einmal ausgeatmeter Luft besteht. Über das sich daraus ergebene konkrete Corona-Infektionsrisiko wollen wir nicht spekulieren, es hängt von verschiedenen Faktoren ab, die zur Zeit noch intensiv erforscht werden Das MPI Chemie in Mainz bietet hierzu einen interaktiven Risk-Calculator. Ein Risikofaktor ist sicher die Anzahl von weiteren Personen im selben Raum, das lokale Pandemiegeschehen und die Strömung der Luft. Dem Problem, wie viele Personen sich überhaupt im Raum befinden, werden wir am Ende dieser Anleitung messtechnisch nachgehen (WiFi-Pax-Counter). Insgesamt gilt natürlich: Ist keine der im Raum befindlichen Personen infiziert, so besteht auch bei hohen Konzentrationen kein Infektionsrisiko.
Der erste Eindruck zählt – auch in der digitalen Welt. Davon ist die Modedesignerin Paola Olaguivel überzeugt. Kein Wunder. Ihre Abschluss-Arbeit an der Hochschule Trier im Fachbereich Modedesign existiert nur virtuell und trägt den Titel „Emotionen im Metauniversum“. Ihre Entwürfe flimmerten bei der großen Modenschau der Hochschule im August für das Publikum „nur“ über Videowände in die Europahalle. Paola Olaguivel bekam für sie einen spontan gestifteten Sonderpreis. Denn während die Kollektionen ihrer Mitstudierenden wie immer von realen Models auf dem Laufsteg präsentiert wurden, wurde klar: Mit „Emotionen im Metauniversum“ hat an diesem Abend das digitale Zeitalter in die traditionellen Modenschauen der Hochschule Einzug gehalten.
Längst können Nutzer selbst im sogenannten Metaversum*, virtuellen Zwischenwelten, spielerisch ihre eigenen Avatare einkleiden – ganz gleich, ob das Styling ihren eigenen Persönlichkeit entspricht oder aber ihrem Wunsch, eine oder ein anderer zu sein. Avatare können alles. Sie gehen shoppen, tanzen, kaufen Land, bauen Häuser, gehen ins Museum und auf Messen, sie machen Party und Geschäfte. Immer mehr Unternehmen, darunter auch große Modehersteller, entdecken dieses Parallel-Universum und bieten Interessierten viele Möglichkeiten, daran teilzuhaben.
Mit der 3-D-Welt werden Milliardenumsätze gemacht
Paola Olaguivel wollte als Kind Spiele-Designerin werden. Doch diese Welt sei schließlich sehr weit von ihrer entfernt gewesen, sagt die 34-Jährige. Sie studierte an der Hochschule Trier Modedesign, machte ihren Bachelor. Es folgten verschiedene Festanstellungen und Arbeit als Freelancerin. Danach nochmal Studium und Job. Ihre Wahl für den Masterstudiengang sei wieder auf Trier gefallen, da ihr Mentor, Professor Christian Bruns, offen für ihre Idee, digitale Mode zu entwerfen, gewesen sei. Jetzt schließe sich der Kreis, sagt sie. Denn das Metauniversum habe viel mit Spiel zu tun. Auf den ersten Blick. „Was ich mir vor einiger Zeit noch nicht vorstellen konnte, ist Wirklichkeit geworden“, sagt sie. Denn es habe sich eine Wirtschaft um die digitale Welt gebildet. Immer mehr Unternehmen verknüpfen sich in der 3-D-Welt mit ihren Kunden. Milliardenumsätze werden dort gemacht, sagt sie. Die Pandemie sei ein Beschleuniger gewesen und neue Technologien machten es möglich, sagt Olaguivel.
Mode-NFT: Jedes Modell ist einzigartig
Dass sie an ihrer Vision von digitaler Mode festgehalten hat, hat mit einem Tag im Mai 2019 zu tun: Dem digitalen Modehaus „The Fabricant“ gelang es, das erste Mode-NFT für umgerechnet 8400 Euro zu verkaufen. NFT steht für Non-Fungible-Token. Das heißt übersetzt, nicht austauschbare digitale Wertmarke. Es bedeutet, dass jedes erstellte digitale Gut einzigartig ist und nur ein Besitzer die Eigentumsrechte und einen Echtheitsnachweis hat. „Die Verbindung zwischen Künstler und Käufer des NFTs ist untrennbar“, sagt die Modedesignerin. Verkaufe sie beispielsweise einen digitalen Entwurf, wisse sie immer, wer ihn habe und sie profitiere auch von einem Weiterverkauf.
Paola Olaguivel: Digitale Mode und Emotionen
Doch Mode ist mehr als Ware, mit der man Geld verdienen kann – in der realen und mittlerweile in der virtuellen Welt. Sie ist Teil der Identität einer Person. Ein Kleidungsstück helfe, beispielsweise sich selbst und die eigenen Emotionen auszudrücken. Doch Avatare begrenzten ihre Nutzer im Metaversum. Sie haben zum Beispiel keine Mimik. Um ihnen mehr Emotionen einzuhauchen, hat Paola Olaguivel sich in ihrer Masterarbeit mit dem Thema Mode und Emotionen beschäftigt. Denn je mehr Personen die neue soziale 3-D-Welt für sich entdeckten, umso mehr spiele die Kommunikation der Gefühle für die Mitglieder der verschiedenen Gemeinschaften eine Rolle, sagt sie.
Das erste NFT der Modedesignerin heißt Emma, ein Raver Outfit, ein schwarzes mit Print gestaltetes Bustier, plus schwarzer Hose mit Applikationen und Schriften. Mit ihrem NFT „Stella“ möchte sie Aufmerksamkeit in dem Paralleluniversum erhaschen. „Ein dramatisches Tüllkleid mit unendlichen Rüschen und goldenen Verzierungen macht es fast unmöglich, unterzugehen“, sagt die Modedesignerin. Über die Kleidung ihres Avatars sollen Nutzer sehen, in welcher Stimmung sie gerade ist – und ihre Mode kaufen, um selbst mehr im Metaversum ausdrücken zu können.
Kann mit NFTs die Modewelt nachhaltiger werden?
Doch digitale Mode wirkt sich durchaus auf die Wirklichkeit aus. Giftige Chemikalien, hoher Wasserverbrauch, unmenschliche Arbeitsbedingungen, die Modeindustrie gerät immer wieder in die Negativ-Schlagzeilen. Der digitale Fortschritt werde in den nächsten Jahrzehnten viele Probleme lösen können, um die Modewelt nachhaltiger werden zu lassen, sagt Olaguivel.
Ein Ziel der neuen digitalen Entwickler beispielsweise sei, durch 3-D-Visualisierung den Musterungsprozess erheblich zu reduzieren. Das heißt: Es fallen viel weniger Schnittmuster und damit Papierabfall an, es wird weniger Stoff verschnitten. Produktionen können laut Olaguivel optimiert werden, da Programme den Stoffverbrauch und die Bestellmenge genau ausrechnen können. Durch neue Programme könnten die Muster passgenau erstellt werden. „Dann reicht nur ein Muster und der sonst dabei entstehende Müll ist Vergangenheit.“
Seit ein paar Wochen arbeitet sie als Produktentwicklerin bei Marc Cain. Sie sieht sich dort als Mittlerin zwischen physischer und digitaler Modewelt, in die man sich einarbeiten müsse, wie in eine neue Sprache. Im Vokabelheft stünden Begriffe wie Avatar, DAPPS, DAO, Gatekkeper, Blockchain, Kryptowährungen (digitale Währung, die unabhängig von Banken funktioniert und mit der im Metauniversum bezahlt wird). Bei Marc Cain habe sie sich beworben, weil sie nach sehr viel Zeit, die sie alleine vor dem Bildschirm verbracht hat, festgestellt habe, sie müsse sich bei einer physischen Firma bewerben, um mehr unter „echten“ Menschen zu sein.
Der Markt für digitale Mode
Wie geht es weiter? Der Markt für digitale Mode sei nicht mehr aufzuhalten, sagt sie. Und er entwickle sich rasant weiter. Heute geht sie zu einer Fashion-Messe. Gehen heißt, sie schaltet den Computer an und ist mit ihrem Avatar im Metaversum unterwegs, hört Vorträge, nimmt an runden Tischen teil und amüsiert sich bis in die frühen Morgenstunden auf einer Rave-Party. Welches Outfit wird ihr Avatar tragen? „Ich trage ein Kostüm mit weißen Flügeln, das an die römische Zeit erinnert“, sagt sie. Sie habe Lust auf etwas Weibliches, und Flügel trage sie momentan sehr gerne. Vor allem bei grauem Wetter, wähle sie gerne Kleidung, die sie normalerweise nicht tragen würde.
* „Ein Metaversum oder Metaverse ist eine digitale Plattform, in der man sich als Avatar, eine mit einem speziellen Programm erstellten virtuellen Figur, aufhält. Der Begriff ist zusammengesetzt aus der Vorsilbe Meta und Universum.
Wie der Infektionsgefahr vorbeugen?
Aus den Vorüberlegungen wird aber klar, dass eine gute Durchlüftung der Räume das Risiko senkt. Mehr dazu im Video von Prof. Aschaber und Prof. Krause vom ScienceLab der TH Rosenheim. Gute Durchlüftung sollte bei Versammlung einer größeren Gruppe damit eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Das Umweltbundesamt hat hierzu allgemeine Leitlinien zur "Gesundheitlichen Bewertung von Kohlendioxid in der Innenraumluft" und eine Sonderstellungnahme SARS-CoV-2 verfasst, an der wir uns im folgenden orientieren werden. Demnach ist eine Konzentration von bis zu 1000 ppm hygienisch unbedenklich. Eine Konzentration zwischen 1000 und 2000 ppm stuft die Leitlinie als bedenklich und alles darüber als inakzeptabel ein. CO2 ist auch ein wichtiger Indikator in der DGHK Stellungnahme zur Prävention in Schulen. Der UBA-Arbeitskreis Lüftung empfiehlt dazu den Einsatz von CO2-Ampeln. Die DGVU (Unfallkasse) geht noch weiter und plädiert in Zeiten der Epidemie für einen Zielwert von < 1000 ppm in Klassenräumen. Die neusten Erkenntnisse fasst der für die KMK erstellte UBA Ratgeber "Lüften in Schulen" (15.10.20) zusammen.
Lüften bedeutet nicht nur Luftaustausch, sondern im Winter auch Wärmeverluste. Eine nachhaltige Strategie sollte auch diesen Effekt berücksichtigen. Ist, wie in den meisten Schulen, keine moderne Klimatechnik mit Wärmetauscher vorhanden, so hilft nur Überwachung des CO2 und bedarfsorientiertes bzw. regelmäßiges manuelles Querlüften.
Bitte beachten Sie: Sobald Sie sich das Video ansehen, werden Informationen darüber an Youtube/Google übermittelt. Weitere Informationen dazu finden Sie unter Google Privacy.
An dieser Stelle möchten wir auch auf einen Zusammenhang zwischen Luftfeuchtigkeit und möglichen Infektionsrisiko hinweisen:
Ein Forscherteam des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung empfiehlt deshalb eine realtive Luftfeuchtigkeit von 40-60 % in Innenräumen. Die meisten CO2-Ampeln zeigen auch die realtive Feuchtigkeit der Raumluft an. Durch häufiges Lüften im Winter wird diese eher zu niedrig ausfallen. Eine Erhöhung lässt sich z.B. durch viele Zimmerpflanzen auf dem Fensterbrett oder einer Schale Wasser auf dem Heizkörper erzielen.
Obige Betrachtungen gelten für alle Innenräume, in denen sich Menschen versammeln. Das besondere Augenmerk der IoT-Werkstatt gilt aber den Klassenräumen in unseren Schulen. Hier besteht dringender Handlungsbedarf, lassen sich klassische Lüftungsempfehlungen ("Alle x Minuten Querlüften") vielerorts aus baulichen Gründen nur schwer umsetzen. Empirische Untersuchungen (Unfallkasse NRW, Fraunhofer IBP, NLGA, nochmal Unfallkasse NRW) orientieren sich deshalb oft an den oberen Grenzwerten des UBA und versuchen die Situation über Lüftungstools (Unfallkasse NRW,Fraunhofer WKI) oder Apps zu modellieren.
Hier wäre eine Kontrolle des Lüftungserfolgs und ggf. individuelle Anpassung des Zeitintervalls / der Lüftungsdauer sinnvoll. Kipplüften ist quasi wirkungslos und führt nur zu einem erhöhten Heizungsbedarf der Schule. Kommt die kältere Jahreszeit, so geraten gut gemeinte Empfehlungen auch an psychologische Grenzen. Im Forschungsprojekt REGENA haben wir feststellen können: Keiner im Raum möchte unnötig frieren - intelligente Messung statt zeitliche Steuerung ist essentiell für eine Nutzerakzeptanz.
Wie können wir die Nutzerakzeptanz in der Schule erhöhen?
Kleine Interventionen, wie der obige Fensterhänger aus Niedersachsen, können tatsächlich die Aufmerksamkeit auf den Lüftungsprozess lenken. Noch besser aber wäre es, wenn die zugrundeliegenden Naturgesetze im Rahmen eines Selbstbauprojektes im Unterricht klar thematisiert würden. Lehrkräfte aus MINT (Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik, Technik) können sich ebenso einbringen, wie Kolleginnen und Kollegen aus Kunst oder Ethik. Warum keine individuell gestaltete Ampel im Design der Schule?
Der Selbstbau einer CO2-Überwachungsampel fürs eigene Klassenzimmer bildet, fördert Kreativität und gibt allen Beteiligten das Gefühl, selbst etwas zur Risikovermeidung und zum Schutz der Gesellschaft beizutragen. In der Folge werden wir hier weitere Links zu den MINT-Hintergründen von COVID-19 einstellen. Wir freuen uns über jeden Hinweis zu geeigneten Quellen.
Richtiges Lüften schont die Umwelt, spart Heizkosten und mindert CO2-Emmissionen. In einem Einfamilienhaus lassen sich so 165 Euro pro Jahr sparen und 560 kg CO2 vermeiden.Die meiste Energie ist nämlich in den Wänden und im Inventar der Klasse gespeichert. Kipplüften führt dazu, dass sich auch die Wände abkühlen und später wieder aufgeheizt werden müssen. Beim Querlüften wird nur die Luft ausgetauscht, deren Energiegehalt aufgrund der niedrigen spez. Wärmekapazität deutlich geringer ist.
Im Folgenden wollen wir eine IoT-Anwendung bauen, um das Infektionsrisiko in Innenräumen zu quantifizieren und in Form einer Risiko-Ampel zu visualisieren. Zeigt die Ampel gelb oder rot, ist es Zeit, die Fenster zu öffnen, oder den Raum zu verlassen. (Natürlich setzen sich die Aerosole aufgrund der Schwerkraft irgendwann ab, ein nichtbelüfteter Raum mit "schlechter Luft von gestern" ist vielleicht harmlos, aber darauf wollen wir es natürlich nicht ankommen lassen).
Dazu benötigen wir einen Sensor für die CO2-Konzentration. Typisches Messverfahren für Kohlendioxid ist die Infrarot-Absorption. Hier gibt es viele verschiedene Modelle auf dem Markt, teilweise mit analogem Ausgang, so dass ein Anschluss an den Octopus einfach mit dem AnalogRead-Baustein erfolgen kann. Zur Anzeige bietet der Maker-Bedarf verschiedene Optionen. Ob Ampel, Zahlenwert, oder Textausgabe: Die grafischen Blöcke der IoT2-Werkstatt bieten maximale Flexibilität bei der Prgrammierung. Der eigenen Kreativität sind praktisch keine Grenzen gesetzt.
Zum Bau sind nur wenige Schritte notwendig. Wie das genau geht, zeigen wir euch hier Schritt für Schritt.
Hinweis: Unsere Selbstbau-Ideen basieren auf der Hardware des IoT-Octopus oder des Adafruit Feather HUZZAH ESP8266. Unsere IoT-Werkstatt bietet aber auch die ideale Plattform für alle anderen esp8266 basierten Systeme (NodeMCU, Wemos D1). Den dazu notwendigen Schaltplan des Octopus gibt es hier. Leider ist der Weltmarkt an Bauteilen mittlerweile fast leergefegt. Guido Burger bietet eine DIY-Universalplatine und Bausätze, mit der sich noch verfügbare Komponenten nutzen lassen. Auch die Make aus dem Heise-Verlag verschenkt solche Platinen.
Was haben Hygienemaßnahmen, Abstandsregeln und Masken gemeinsam?
Richtig, diese Maßnahmen helfen uns, das Ansteckungsrisiko zu verringern und damit die für den zukünftigen Pandemieverlauf so wichtige Reproduktionszahl R zu verkleinern. Die Zahl R ist ein Maß dafür, wieviele weitere Menschen eine infizierte Person ansteckt. Ist R>1, so sehen wir einen exponentiellen Kankheitsverlauf in der Gesellschaft und müssen wieder stärkere Maßnahmen (Schulschließungen) befürchten. Fachleute sprechen von einer jahrelang möglichen "Hammer und Tanz"-Strategie. Hintergründe dazu und verschiede Szenarien finden sich in der liebevoll illustrierten interaktiven Lerneinheit von Marcel Salathé und Nicky Case, auf deren Idee auch die nebenstehende Abbildung basiert.
Ziel muß es sein, die Zahl R unter 1 zu drücken, d.h. dafür zu sorgen, dass ein Infizierter im Laufe seiner Erkrankung weniger als eine weitere Person ansteckt. Überall dort, wo Abstandsregeln und Mund-Nasen-Bedeckungen nur schwer umsetzbar sind (z.B. im Schulunterricht), brauchen wir ein weiteres Werkzeug dazu.
Und hier bietet sich das Monitoring des CO2-Gehaltes in der Innenraumluft an.
Kein CO2-Sensor verfügbar, was tun?
Besitzer eines Octopus mit Bosch BME 680 Umweltsensor können den eingebauten VOC-Sensor (volatile organic compounds, flüchtige organische Komponenten) nutzen, um CO2 abzuschätzen (CO2-Equivalent).
Das Funktionsprinzip: Beim Gasaustausch in der Lunge sind nicht nur CO2 und Sauerstoff beteiligt, sondern es gehen weitere Blutbestandteile in die Luft über. Diese organischen Komponenten führen zu einer erhöhten VOC-Konzentration der ausgeatmeten Luft. Ein Software-Sensor in der BSEC-Bibliothek des BME 680 rechnet diese in equivalente CO2-Konzentrationen um. Wir messen damit also nur das von Personen ausgeatmete CO2, das CO2 einer Sprudelflasche könnte dieser Softwaresensor nicht detektieren. Ein Effekt, der für unsere aktuelle Anwendung geradezu ideal passt. Allerdings sollen die Nachteile hier nicht verschwiegen werden: Auch andere VOC-Quellen (Desinfektionsmittel, Alkohol, Mundgeruch, Formaldehyd) verfälschen die Messung. Ggf. müssen die Alarmgrenzen also etwas angepasst werden. Mehr Informationen und Hintergründe zu VOC in Schulen z.B. im Leitfaden für die Innenraumhygiene in Schulgebäuden des Umweltbundesamtes.
Hinweis: Der Software-Sensor benötigt einige Zeit zur Selbstkalibrierung. Der Zustand der Kalibrierung wird im Sensorkanal "IAQ Accuracy" angezeigt. (Accuracy 0: Sensor nicht stabil bis Accuracy 3: Sensor erfolgreich kalibriert). Weitere Information dazu hier. So ein Softwaresensor ist jedenfalls ein tolles Beispiel für den Einsatz von Modellbildung und Machine Learning.
Dank IoT-Superblöcken, können wir die Messergebnisse im Internet sichtbar machen. Nur schulintern, oder sogar weltweit. Einfach per WLAN ins Internet und über die Thingspeak-Datenplattform mitloggen / visualisieren. So ist die Historie eines jeden Raums jederzeit im Blick, einem Lüftungswettbewerb steht also von technischer Seite nichts entgegen. Der Thingspeak-Server von Mathworks erlaubt sogar die Nutzung von Matlab zur statistischen Auswertung oder zur Modellierung von Vorhersagen (näheres zu mathematischen Modellen und Matlab hier). Auch grafische Elemente (Gauge) sind integrierbar. Neugierig? Alles weitere hier.
Und als möglicher Ausblick: Gäbe es eine entsprechende Infrastruktur, so könnte unsere Ampel auch selbst das aktuelle Infektionsgeschehen in unserem Landkreis abfragen. Wir könnten die Warngrenzen also ans aktuelle lokale Risiko adaptieren.
Die CO2-Konzentration allein sagt noch nichts über das Infektionsrisiko. Wichtige Kenngröße ist natürlich auch die Anzahl der im Raum befindlichen Personen. Sind wir selbst die alleinige CO2-Quelle (Einzelbüro), so gibt es auch bei hoher Konzentration kein hygienisches Risiko. Dank Pax-Counter kennen wir aber sogar die Belegung der einzelnen Räume. Ein Pax-Counter zählt anhand der MAC Adresse des WLAN-Interfaces die im Raum befindlichen Smartphones (näheres zum Pax-Counter hier).
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