Projekt des Monats

Wissensgraphen im Einzelhandel: Forschungsprojekt untersucht Potenziale im Stammdatenmanagement

Abbildung 1: KE3P-Projektteam: Projektleiter Prof. Dr. Rolf Krieger (3. v.l.) mit Wissenschaftlichen Mitarbeitern und Studierenden

Wissensgraphen sind strukturierte Darstellungen von Wissen. Sie ermöglichen eine tiefere und kontextbezogene Analyse von Daten, indem sie die Verbindungen zwischen verschiedenen Informationen sichtbar machen. In einem aktuellen Forschungsprojekt im Bereich der Wirtschaftsinformatik wird am Umwelt-Campus das Potenzial von Wissensgraphen zur Optimierung des Stammdatenmanagements im stationären Einzelhandel untersucht.

Motivation
In der dynamischen Welt des Einzelhandels hat das Stammdatenmanagement die Aufgabe, die zentralen Unternehmensdaten, wie Kunden-, Lieferanten- und Produktinformationen, konsistent, vollständig und aktuell zu halten. Es stellt insbesondere sicher, dass diese Stammdaten über verschiedene Systeme und Abteilungen hinweg einheitlich und korrekt genutzt werden, wodurch die Datenqualität verbessert und die Effizienz betrieblicher Abläufe gesteigert wird. Das Stammdatenmanagement leistet damit einen wichtigen Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg eines Handelsunternehmens.

Die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in das Stammdatenmanagement im Einzelhandel eröffnet zahlreiche Chancen. KI kann die Datenqualität signifikant verbessern, indem sie Inkonsistenzen und Fehler automatisch erkennt und korrigiert. Durch maschinelles Lernen können Systeme Muster in großen Datenmengen identifizieren und dadurch präzisere und schnellere Entscheidungen treffen. Automatisierte Prozesse reduzieren den manuellen Aufwand und erhöhen die Effizienz, was zu Kosteneinsparungen führt. Zudem ermöglicht KI eine bessere Vorhersage von Trends und Kundenbedürfnissen, wodurch Einzelhändler proaktiver agieren können.

Jedoch ist die Einführung der KI-basierten Verfahren eine komplexe Aufgabe und oftmals mit Schwierigkeiten verbunden. Traditionelle maschinelle Lernverfahren stoßen oft an ihre Grenzen, da sie die Zusammenhänge zwischen den Daten nicht immer effektiv nutzen. Zudem sind Ergebnisse der Verfahren oftmals nur eingeschränkt erklärbar. Hier kommen Wissensgraphen ins Spiel: Sie ermöglichen es, Daten in einem semantischen Kontext zu verknüpfen und unterstützen eine tiefere und präzisere Analyse.

Das Forschungsprojekt KE3P
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Forschungsprojekt KE3P, untersucht eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Rolf Krieger gemeinsam mit dem Unternehmen retailsolutions GmbH aus Saarbrücken und drei großen Handelsunternehmen, wie der Einsatz von Knowledge Graphen im Einzelhandel dazu beitragen kann, die beschriebenen Nachteile herkömmlicher maschineller Lernverfahren auszugleichen.

Ziele und Vorgehen
Ziel des Forschungsvorhabens ist die Entwicklung einer KI-basierten Plattform (KE3P) zur Umsetzung hybrider KI-Verfahren, die spezielle Anforderungen des Stammdatenmanagements abdecken und automatisch getroffene Entscheidungen erklärbar macht.

Hybride KI-Systeme kombinieren unterschiedliche KI-Verfahren wie maschinelles Lernen und regelbasierte Verfahren. Insbesondere der Einsatz von Wissensgraphen, in denen domänenspezifisches Fachwissen verwaltet wird, ist hierbei ein vielversprechender Ansatz, um maschinelle Lernverfahren zu ergänzen und die Leistung von KI-Systemen zu steigern. Im Forschungsprojekt liegt der Fokus auf sogenannten Produktgraphen. Ein Produktgraph ist eine spezialisierte Form eines Wissensgraphen, der die Beziehungen und Attribute von Produkten in einem Unternehmen oder einer Branche strukturiert darstellt. Er verknüpft Produktdaten wie Eigenschaften, Kategorien, Varianten und Kundenbewertungen semantisch miteinander, um ein umfassendes Verständnis und eine detaillierte Analyse der Produktinformationen zu ermöglichen.

Das Forschungsprojekt umfasst in einem ersten Schritt die Erforschung und prototypische Entwicklung von Verfahren zur Extraktion relevanter Produktinformationen aus strukturierten Datenquellen wie ERP-Systemen und unstrukturierten Quellen wie externen Webshops oder Produktbildern. Im nächsten Schritt werden automatische Verfahren zur Erstellung von Produktgraphen, aus den extrahierten Informationen untersucht, um eine effiziente Organisation und Darstellung der Produktdaten zu ermöglichen.

Zur Qualitätssicherung werden spezielle Methoden für das Instance Matching und Knowledge Cleaning entwickelt. Alle Verfahren werden prototypisch implementiert und über die KE3P-Plattform bereitgestellt, um die Verfahren zu evaluieren und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Die einzelnen Verfahren werden über die Plattform wie in nachfolgender Abbildung dargestellt über eine API bereitgestellt.

Bei erfolgreichem Projektverlauf verbessert die KE3P-Plattform mit dem integrierten Produktgraphen die Stammdatenverwaltung im Einzelhandel und unterstützt eine effiziente Omni-Channel-Strategie. Der Einsatz der Plattform im Stammdatenmanagement soll damit auch die Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsfähigkeit von Einzelhandelsunternehmen stärken und auch unterstützen ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Lehre und Forschung verbinden
Die Forschungsarbeiten sind dem Wissenschaftsfeld Künstliche Intelligenz zugeordnet, mit dem sich derzeit viele Unternehmen weltweit beschäftigen. Für Prof. Krieger, Leiter des Studiengangs Umwelt- und Wirtschaftsinformatik, bietet das Projekt damit die Chance, Studierende in einem hochaktuellen Bereich mit exzellenten beruflichen Perspektiven auszubilden. Die Einbindung von Studierenden in Forschungsprojekte bietet aus seiner Sicht zahlreiche Vorteile. Studierende gewinnen wertvolle Praxiserfahrungen und können ihr theoretisches Wissen direkt anwenden. Dies fördert nicht nur ein tieferes Verständnis des Fachgebiets, sondern auch die Entwicklung wichtiger Fähigkeiten wie kritisches Denken, Problemlösungsfähigkeiten und Teamarbeit. Zudem eröffnen sich ihnen Netzwerkmöglichkeiten mit Fachleuten und potenziellen Arbeitgebern, was ihre Karrierechancen erheblich verbessert. Durch die aktive Teilnahme an aktuellen Forschungsfragen tragen Studierende zur wissenschaftlichen Weiterentwicklung bei und erhalten gleichzeitig die Möglichkeit, z.B. in Projekt- und Abschlussarbeiten innovative Ansätze und Lösungen zu erarbeiten.

Informationen zum Studiengang Umwelt- und Wirtschaftsinformatik

 

Abbildung 2: Darstellung eines kleinen Teils des Produktgraphen im bereits entwickelten KE3P-Prototyp
Abbildung 3: Schematische Darstellung der KE3P-Plattform mit dem Produktgraphen als zentraler Komponente
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