Projekt des Monats

Konzipierung und Entwicklung eines skalierbaren, dezentralen Wärmespeichers aus nachhaltigen Werkstoffen

Mit Blick auf die angestrebte Dekarbonisierung unserer zukünftigen Energieversorgung spielen Speichertechnologien eine entscheidende Rolle. Sie können die volatile, aus erneuerbaren Quellen erzeugte, Energie bis zum Nachfragezeitpunkt durch den Verbraucher puffern. Dies sorgt für einen stabilisierenden, bedarfsorientierten Ausgleich der Energieversorgungsinfrastruktur und kann insbesondere konventionelle Energieträger im thermischen Sektor substituieren. Nichtsdestotrotz besteht gerade auf dem Gebiet der Energiespeicherung ein nach wie vor enormer Forschungsbedarf.

Vor diesem Hintergrund hat sich Samuel Albarado Zurita, Studierender im Studiengang Erneuerbare Energien (EE), während seiner Bachelorthesis mit der Konzipierung und Entwicklung eines skalierbaren Wärmespeichers aus nachhaltigen Werkstoffen für den dezentralen Einsatz befasst.

Das Herzstück des realisierten Wärmespeichers besteht aus sechs gestapelten, hexagonalen Speichersteinen mit einer Gesamtmasse von fast 100 kg. Auf deren zentraler Achse sitzt ein elektrisches Heizelement bis 1.100 W Leistung, welches beispielsweise mit Solarstrom versorgt wird; optional lässt sich Warmwasser aus einer Solarthermieanlage einkoppeln. Der Speicherkern ist sowohl von einem inneren Wärmetauscher, in Form von parallel zur Längsachse verlaufenden Kupferrohren, durchzogen, als auch von einem wendelförmigen äußeren Wärmetauscher umgeben, der mittels Ofenbaumörtel thermisch an den Speicherkern angekoppelt ist. Daran schließt sich eine zweischichtige Wärmedämmung an. Zwecks positionsgenauer Temperaturüberwachung sind mehrere Thermosensoren angebracht, wobei der Volumenstrom des Wärmeträgermediums Wasser fortlaufend mittels Durchflussmesser aufgezeichnet wird.

Ein besonderes Augenmerk hat der Studierende auf einen möglichst einfachen wie kostengünstigen Do-it-yourself-Aufbau gelegt, was Wartung und Nachbau ohne Spezialwerkzeuge für angelernte Laien erlaubt. Hierbei steht die Hilfe zur Selbsthilfe gemäß des sogenannten “Graswurzelprinzips“ im Vordergrund. Ferner sind dank der modularen Bauweise die Speicherkapazität und Leistung skalierbar, um diese an die jeweiligen standortbezogenen Bedingungen oder Nutzungsanforderungen anpassen zu können. Darüber hinaus ist bereits bei der Konzeption – ganz im Sinne eines Ökodesign – die konsequente Verwendung nachhaltiger Rohstoffe und umweltverträglicher Materialien mitgedacht worden. So wird für die eigens hergestellten Speichersteine auf recycelte Werkstoffe aus der Stahl- und Aluminiumindustrie zurückgegriffen, währenddessen die Wärmedämmung u.a. auf Schafswolle setzt, die sogar mit den Isolationseigenschaften synthetischer Materialien mithalten kann.

Zur Untersuchung der Speicher- und Dämmeigenschaften sowie der Geschwindigkeit bzw. Effizienz der Wärmeauskopplung hat der Studierende anhand des aufgebauten Wärmespeicher-Prototypen zahlreiche Experimente durchgeführt und Wärmebilder aufgenommen. Die Ergebnisse bescheinigen dem Demonstrator eine Speicherkapazität von 6,5 kWh, bei einem mit marktüblichen Produkten vergleichbaren Wirkungsgrad.

In ihrem Urteil sind sich die beiden Gutachter, Tandem-Prof. Tobias Roth und Prof. Klaus-Uwe Gollmer, mehr als einig: „Der realisierte Wärmespeicher ist ein mustergültiges Beispiel für eine interdisziplinäre Problemstellung aus der Praxis. Einerseits sind für die zweckmäßige thermische und strömungsmechanische Auslegung und Analyse solide Kompetenzen aus Physik und Mathematik unabdingbar. Andererseits verlangt die technische Umsetzung fortgeschrittene praktische Fertigkeiten, angefangen bei der Konstruktion und Bauteilherstellung über die elektrische Verschaltung bis zum Programmieren der Steuer- und Regelungstechnik. Überdies mussten sicherheitsrelevante Aspekte zum Brandschutz und zur Druckentwicklung beim Verdampfungsprozess berücksichtigt wie auch zuverlässig gelöst werden.“ 

Für die Realisierung des Demonstrators konnte das vorhandene Know-how vor Ort sowie das Equipment im Innovationslabor Digitalisierung (Innodig) in Anspruch genommen werden. An dieser Stelle soll ein großes Dankeschön an alle unterstützenden Kräfte, wie die Haustechnik, Studierende und das Team um Michael Mattern vom Innodig, ausgesprochen werden.

Obwohl der Prototyp für sein vorgesehenes Anwendungsgebiet (Bereitstellung von Wärme zum Kochen) noch nicht ganz praxistauglich ist, konnten im Zuge meiner Bachelorthesis viele Erkenntnisse gewonnen werden, die als Grundlage für die Weiterentwicklung des Wärmespeichers dienen können“, resümiert Samuel Albarado Zurita. Unterdessen hat er schon konkrete Vorschläge für eine Folgeversion in petto, welche die Verwendung von Lehm oder Bienenwachs für einen latenten Speicher vorsehen. Nach seinem Abschluss plant der Studierende einen längeren Aufenthalt in Bolivien – in seinem Reisegepäck nimmt er die Idee des Wärmespeichers mit. Vielleicht setzt sich letzterer ja, wie mit dem ursprünglichen Ziel verfolgt, in abgelegenen, ländlichen Gebieten von Entwicklungs-/Schwellenländern bei knappem Brennholzangebot zum Kochen oder Wassererhitzen durch.

Thermografieaufnahme des unisolierten Speichers in Vorder- und Seitenansicht (Aufnahme: Samuel Albarado Zurita)
Der Studierende Samuel Albarado Zurita neben seinem entwickelten Wärmespeicher-Demonstrator (Foto: Michael Mattern)
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