Hintergrund: Im Laufe des Projektes „digitaler Zwilling“ des INNODIG-Labors wurde ein Prototyp eines emersen Bioreaktors (s. Abbildung 1) entwickelt. Dabei handelt es sich um einen Reaktor in dem Cyanobakterien auf Oberflächen in Luft wachsen. Das für das Überleben der Cyanobakterien notwendige Wasser wird als Nebel zugeführt. Der Bioreaktor wurde mit Sensorik (u. a. für Temperatur, Luftdruck und Lichtstärke) bestückt, um während des Wachstumsprozesses der Cyanobakterien Messdaten aufzuzeichnen. Mit diesen Daten erfolgte der Aufbau eines „digitalen Zwillings“ des Reaktors.
Aufgabenstellung: Für den Betrieb muss der emerse Bioreaktor jedoch mit lebenden Cyanobakterien angeimpft werden, die zu Beginn der Kultivierung auf die einzelnen Platten verteilt werden. Dazu ist Biomasse nötig, welche als Vorkultur bezeichnet wird. Diese wird meist in Schüttelkolben herangezogen. Dabei müssen in 11 Schikanekolben jeweils ca. 100mL Medium bereitgestellt werden, um die 11 vorhandenen Platten mit einer Fläche von jeweils 180 cm2 animpfen zu können. Diese Vorgehensweise stößt bei einer Maßstabvergrößerung des emersen Bioreaktors aber schnell an ihre Grenzen. Daher sollte mit einem submersen Photobioreaktor, bei dem die Cyanobakterien im Wasser suspendiert sind, eine größere Menge an Vorkultur des Organismus N. flagelliforme hergestellt werden.
Umsetzung: In den vergangenen Semestern haben Studierende und Projektmitarbeiter des Instituts für biotechnisches Prozessdesign (IBioPD) einen submersen Photobioreaktor in Betrieb genommen, welcher als sog. Blasensäulenreaktor betrieben werden sollte. Blasensäulen sind im weitesten Sinne Apparate, in denen Gas in Form von Blasen in eine Flüssigkeit eingebracht wird, wodurch einerseits die Flüssigphase vermischt wird und gleichzeitig ein Stoffaustausch zwischen Gasphase und Flüssigphase erfolgt. Letzteres ist notwendig, um die Cyanobakterien mit CO2 zu versorgen, das sie für die Photosynthese und somit für ihr Wachstum benötigen. Für die Kultivierung wurde ein bestehendes Bioreaktorsystem mit einem 5 L Glas-Kulturgefäß an die Verwendung für Cyanobakterien angepasst. Um den Photosyntheseprozess von N. flagelliforme zu unterstützen, wurden vier LED-Stäbe (DASGIP®-LED-Stäbe, Eppendorf SE) in den Bioreaktor eingebaut. Dazu mussten in der mechanischen Werkstatt des Fachbereichs spezielle Aufnahmen für den Edelstahldeckel des Glas-Kulturgefäßes gefertigt werden. Ein Wellenlängenbereich von 575 -640 nm und eine Intensität von 0,5 µmol/s pro LED-Stab wurden für die Kultivierung gewählt. Die Licht- und Dunkelzyklen wurden auf jeweils 12 h eingestellt. Zum Schutz der Augen wurde außerdem eine transparente Abschirmung für den Bioreaktor aus 3 mm dickem, orangenem Plexiglas® mit 39 % Lichtdurchlässigkeit gebaut, das UV-Strahlung fast zu 100 % absorbiert (siehe Abbildung 2).
Die Kultivierungen dauerten ca. 30 Tage bei 25 °C. Dabei erfolgte eine konstante Belüftung mit 1 L/min CO2-haltiger Raumluft. Zu Beginn der Versuche wurde die Durchmischung der Flüssigkeit lediglich durch die Blasen angestrebt. Aufgrund der Scherempfindlichkeit der Cyanobakterien wurde zudem eine niedrige Begasungsrate gewählt. Die Biomasse sammelte sich jedoch bei diesen Bedingungen am Boden des Bioreaktors an. Durch die Begasung alleine konnte somit keine ausreichende Durchmischung erreicht werden. Daher wurde ein zweistufiger 6-blättriger Scheibenrührer bei einer Rührergeschwindigkeit von 100 U/min eingesetzt, was zu einer besseren Durchmischung führte. Eine Beeinträchtigung des Wachstums der Cyanobakterien aufgrund der Scherkräfte durch den Rührer konnte dabei nicht festgestellt werden. Unter diesen Bedingungen konnte die submerse Kultivierung von N. flagelliforme erfolgreich in einem 5 L-Photobioreaktor durchgeführt werden. Somit steht bei Bedarf ausreichend Biomasse auch für einen deutlich größeren, emersen Bioreaktor zur Verfügung.
Danksagung: Die Autoren danken der Carl-Zeiss-Stiftung für die finanzielle Unterstützung des Projekts sowie den Mitarbeitern des Innovationslabors Digitalisierung (INNODIG) für die gute Zusammenarbeit.
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