Informationen zu Artenvorkommen, Artverhalten und Populationsentwicklungen bilden die Grundlage für die Erarbeitung von Schutzmaßnahmen für Insekten. Diese sind notwendig geworden, nachdem massive Insektenrückgänge bekannt geworden sind, die die Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen für den Menschen gefährden. Die entsprechenden Gegenmaßnahmen werden auf lokaler Ebene (zum Beispiel Landkreis) erarbeitet und erfordern daher Wissen über den Zustand von Insekten vor Ort. Sie reichen von der Schaffung von Nahrungsquellen und der Umkehr von Flächenversiegelung bis hin zum Verzicht auf Pestizide in der Landwirtschaft und in Privatgärten. Da die negativen Einflüsse, die auf Insekten wirken, sehr vielfältig sind und die Maßnahmenpalette groß ist, müssen die Daten in einer hohen Auflösung vorliegen, die durch die bisherigen Aktivitäten, überwiegend der Wissenschaft, nicht zu leisten ist.
In den bisher vorwiegend zum Insektenmonitoring verwendeten sogenannten Malaisefallen ertrinken die Insekten, die in einem Netz gefangen werden, in mit Alkohol-Lösung gefüllten Fangflaschen. Diese Flaschen werden wöchentlich oder alle zwei Wochen geleert, und die gefangenen Insekten müssen aufwändig von Experten manuell bestimmt werden. Der im beschriebenen Projekt KIM verfolgte Ansatz ist dagegen nicht-letal: Die Insekten passieren am höchsten Punkt des Fangnetzes unversehrt einen Tunnel, der mit drei Kameras ausgestattet ist. Die so aufgenommenen Bilder werden mit maschinellem Lernen klassifiziert, um die Insekten zu klassifizieren. Dadurch lässt sich die zeitliche Auflösung der Daten drastisch erhöhen.
Die verwendete Hardware besteht überwiegend aus leicht zu beschaffenden und kostengünstigen Komponenten, wodurch eine gute Skalierbarkeit und damit auch eine höhere räumliche Auflösung der Daten erreicht werden soll.
Zum rechnerunterstützten Insektenmonitoring haben Prof. Dr. Stoll und Prof. Dr. Didas mit der Unterstützung von Lara Hoffmann bereits einige gemeinsame studentische Arbeiten betreut: Das Projekt wurde im Jahr 2022 mit der Masterarbeit von Danja Steinberg begonnen (siehe Abb. 2). Mit tatkräftiger Unterstützung des Innovationslabors Digitalisierung (Innodig) am Umwelt-Campus wurde dabei ein erster Prototyp für die Insektenmonitoring-Station erstellt. Mit diesem Versuchsaufbau konnten genügend Aufnahmen gemacht werden, um eine Klassifikation der Insekten in acht Kategorien durch ein Machine-Learning-Verfahren zu trainieren. Unterstützende Arbeiten übernahm dabei auch Joshua Azvedo im Rahmen eines Fachprojektes. Auf dieser Grundlage konnte Lukas Seemann in seinem interdisziplinären Projekt im Masterstudiengang im Jahr 2023 die Genauigkeit der Klassifikation (den sogenannten mAP(at)50-Wert) auf über 98,7% deutlich verbessern. Den derzeitigen Stand erreichte die Insekten-Monitoringstation schließlich in diesem Jahr mit der Bachelorarbeit von Christopher Galle, bei der die Anzahl der unterschiedenen Klassen auf insgesamt 14 erhöht werden konnte, wobei eine Genauigkeit von über 98% gehalten werden konnte (vgl. Abb. 3-6).
Mit Hilfe der jetzt eingeworbenen Fördergelder sollen exemplarisch mehrere Monitoring-Stationen erstellt werden, um kleinere Anpassungen und Verbesserungen der Hardware zu erproben. Eine Dokumentation des Aufbaus ist in Vorbereitung, die interessierten Bürgern (Citizen Science), aber auch Schulen im Rahmen des MINT-Unterrichts einen Nachbau und Betrieb der Monitoring-Station ermöglichen soll. Die so erhaltenen Aufnahmen sollen in eine gemeinsame Open-Data-Plattform eingespeist werden, um die Machine-Learning-Verfahren kontinuierlich zu verbessern.
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