„Der Maschinenbauer baut – der Physiker erklärt, warum es funktioniert“, zitiert der Technische Leiter der FRITSCH GmbH, Juri Dinges, mit einem zwinkernden Auge als er auf den Mehrwert der Tandem-Professur für FRITSCH angesprochen wird. Er ist selbst Alumnus des Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier und hat auch nach seinem Master-Abschluss Kontakt gehalten. Nun ist der Kontakt noch intensiver. Seit Januar 2023 ist Dr.-Ing. Lukas Lentz als Tandem-Professor am Umwelt-Campus Birkenfeld der Hochschule Trier beschäftigt.
Tandem-Professuren sind neue Stellenmodelle, welche entwickelt wurden, um den Generationenwechsel an Hochschulen für angewandte Wissenschaften aktiv zu gestalten. Sie werden eingerichtet, um die Verbindung zwischen akademischer Forschung und praktischer Anwendung in der Industrie zu stärken und sind ein Bestandteil des Projekts „House of Professors“, mit dem die Hochschule Trier seit 2021 innovative Rekrutierungs- und Qualifizierungswege für künftige Professor*innen umsetzt. Insgesamt werden während der Projektlaufzeit fünf Tandem-Professuren an der Hochschule Trier besetzt.
Im Fall von Dr. Lentz bedeutet Tandem, dass er jeweils eine halbe Stelle als Professor am Umwelt-Campus und bei dem Laborgerätehersteller FRITSCH in Idar-Oberstein hat. Er schlägt somit die Brücke zwischen aktueller Hochschul-Forschung und marktnaher Produktentwicklung im regionalen Unternehmen.
Das sind erst einmal verschiedene Welten. Beide haben für den Nachwuchs-Professor ihren Charme, unterscheiden sich aber auch in ihrer Arbeitsweise. In der Forschung geht es darum, Strukturen und Zusammenhänge zu verstehen. Hier ist der Weg ebenso entscheidend wie das Ziel. Das ist in der Industrie häufig anders. Dort steht das Ergebnis in Form eines konkreten Produktes im Vordergrund. Jedoch nicht nur die Forschung, sondern auch insbesondere die Lehre begeistern Dr. Lentz. Seitdem er denken kann, hat er Freude daran, anderen zu helfen, Dinge zu verstehen. Die große Herausforderung für ihn ist dabei jeden Tag aufs Neue, dass jede und jeder anders lernt. Deswegen muss er seine Erklärungen immer neu anpassen. Hierfür braucht es neben einer guten Menschenkenntnis und solidem technischen Wissen vor allem auch eine Portion Humor, dann kann sogar der trockenste Stoff Spaß machen.
„Die Kombination aus der Anstellung an der Hochschule und der Industrietätigkeit ist für mich optimal. An der Hochschule habe ich die Möglichkeit meiner Leidenschaft für die Lehre und der Zusammenarbeit mit Studierenden nachzugehen. Die Arbeit im Unternehmen liefert mir den notwendigen Praxisbezug, um in der Lehre aktuell zu bleiben und relevante Forschungsthemen zu identifizieren. Die Ergebnisse aus der Forschung fließen dann direkt zurück ins Unternehmen.“, so Lukas Lentz. Der Master-Absolvent in Physikalischen Ingenieurswissenschaften promovierte an der Technischen Universität Berlin zum Thema Energy Harvesting. Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem nicht genutzte Energiequellen, wie z.B. die Vibrationen einer Brücke, verwendet werden, um elektrische Energie zu „ernten“. Bis zu seinem Wechsel an den Umwelt-Campus leitete er an der Technischen Universität Berlin ein Forschungsprojekt zur Verbesserung digitaler Simulationsverfahren für mechanische Systeme.
Seinem Thema ist er treu geblieben – auch bei seiner Arbeit im Hause FRITSCH geht es vorrangig um die Simulation von physikalischen Vorgängen. Bei dem international führenden Hersteller von anwendungsorientierten Mühlen und Partikelmessgeräten, liegt das besondere Augenmerk der Arbeit von Lukas Lentz dabei auf den Planetenkugelmühlen. Diese Art von Mühle wird immer dann eingesetzt, wenn neue Materialien entwickelt werden oder wenn Materialen sehr fein zerkleinert werden sollen. Um sich unter einer solch hohen Endfeinheit etwas vorstellen zu können, hier ein Vergleich: Nach dem Mahlen können die Partikel der Probe bis zu 2000-mal dünner als ein Blatt Papier sein.
Gemeinsam mit dem Ingenieur Wjatscheslaw Oshereljew arbeitet Lukas Lentz daran die Ergebnisse aus einer Simulation mit der Realität zu vergleichen. Auch der FRITSCH Konstrukteur hat eine enge Beziehung zum Umwelt-Campus. Er hat seinen Bachelor in Maschinenbau dort erfolgreich abgeschlossen und wurde nach seiner Abschlussarbeit bei FRITSCH übernommen. Er arbeitet nun unter anderem an der Weiterentwicklung der Planetenkugelmühlen mit. Seine Experimente mit Lukas Lentz im Labor sind besonders wichtig, da eine Simulation ohne stetigen Abgleich mit der Wirklichkeit unrealistische und falsche Ergebnisse liefern kann. Gleichzeitig bieten diese Rechenmodelle, die sehr gut auf die Realität abgestimmt sind, perspektivisch die Möglichkeit, auf den Bau von aufwendigen und teuren Prototypen zu verzichten. Die FRITSCH GmbH kann so zukünftig Entwicklungszeit und Ressourcen einsparen. Markus Bund, Entwicklungsleiter für den Bereich Mühlen im Hause FRITSCH ist überzeugt von dem Konzept der Tandem-Professur: „Das Tagesgeschäft der Entwicklung läuft bei uns. Die Forschung erfolgt am Umwelt-Campus. So können wir uns jederzeit die Bälle zuspielen und bekommen Know-how, das wir sonst so in dieser Form in einem Unternehmen mit 120 Mitarbeitenden nicht hätten.“
Auch Lukas Lentz ist von dem Konzept der Tandem-Professur begeistert. Insgesamt ist die Mischung perfekt für ihn. Beruflich würde er sich sogar wünschen, dass er das Beste aus den zwei Welten auch nach Ablauf der drei-jährigen Tandemprofessur behalten könnte. Auch privat passt es. Entgegen mancher Vorurteile gegenüber der Region, war sein Umzug von Berlin für ihn kein „Kulturschock“. Sein neues Zuhause St. Wendel überzeugt ihn durch die Lage inmitten idyllischer Natur, den historischen Charme sowie das reichhaltige kulturelle Angebot.
Sie verlassen die offizielle Website der Hochschule Trier