Im Rahmen einer gut besuchten Gastvorlesung kam am 26. Juni ein weithin kaum bekanntes Phänomen zur Sprache: Lichtbelastung und Lichtschutz. Nachts besteht an vielen Orten eine unnötig hohe Leuchtdichte. Seien es Werbetafeln, Gebäudeanstrahlungen, Skybeamer oder etwa große Industrieanlagen. Mensch und Natur leiden zunehmend unter unnötig starkem und falsch installiertem Licht. Alte Richtlinien gilt es längst zu überarbeiten. Der einladende Professor Dr. Klaus Rick führte kurzweilig in die Thematik ein und stellte Dr. Andreas Hänel, Träger des Bundesverdienstkreuzes, dem Auditorium vor.
Die zunehmende Effizienz von Leuchtmitteln hat zwar einerseits zu Kosteneinsparungen geführt, andererseits nutzt man z.B. die LED-Lichttechnik auch, um überflüssige Helligkeit in der Nacht zu erzeugen: Straßenlampen strahlen mehr zur Seite und nach oben statt nur nach unten. Große Bahn- oder Industrieanlagen werden nachts durchgehend beleuchtet – auch wenn kaum jemand dort arbeitet. Auch bei Flughäfen, die selbstverständlich sicher sein müssen, könnte man die nach oben abstrahlende Beleuchtung massiv reduzieren und weitere Kosteneinsparungen ermöglichen – ohne Helligkeitsverlust.
Dr. Hänel führte aus, dass z.B. ein erheblicher Teil des Insektensterbens an Lampen und Leuchten dazu führt, dass die Proteine in der Nahrungskette fehlen: Vögel, kleine Säugetiere, Amphibien und weitere Wildtiere werden in der Folge dezimiert.
Bislang fehlten klare Gebote und Vorschriften, die einen Kompromiss zwischen Sicherheitsbeleuchtung bei Nacht und unnötigem Licht bilden. Doch an neuen Richtlinien wird gearbeitet.
Die ersten, die diese Fehlentwicklung bereits vor vielen Jahren zu spüren bekamen, waren professionelle Astronomen, damals schon auch an entlegenen Orten. Das Observatorium der Bonner Uni zum Beispiel wurde bereits 1950 in die Eifel auf den Hohen List bei Daun verlegt, um dem wachsenden Lichtkegel der damaligen Bundeshauptstadt zu entfliehen. Auch Zoologen erkannten die Auswirkungen auf nachtaktive Tiere, die ihre evolutorischen Vorteile kaum mehr nutzen können oder etwa kräftezehrende Umwege in Kauf nehmen müssen. Schlaflosigkeit bei Menschen, ein aus den Fugen geratender Melatonin-Haushalt, stört belegbar die Nachtruhe – mehr als bisher angenommen. Inzwischen gibt es trotz alledem unzählige, immer extremere, Lichtquellen in der Nacht, zu denen auch riesige Gewächshäuser, überilluminierte Straßen und Gebäude gehören, die man über 20 km oder gar 50 km erkennen kann, wohingegen Lichtschutz rasch realisiert werden könnte. Architekten, Gebäudeausstatter und Hersteller von Straßenlampen werden inzwischen stärker sensibilisiert durch Initiativen und Vereine, die sich gemeinnützig einem „Dark Sky“ widmen – auch zum Schutz der Schönheit unseres Nachthimmels als Kulturgut.
Die campusnahe Gemeinde Eiweiler im Saarland westlich des Bostalsees ist bereits Musterstandort. Dort wurde nicht nur kürzlich auf zeitgemäße LED-Technik mit intelligenter Steuerung umgestellt, sondern es werden viele Belange des Lichtschutzes direkt umgesetzt - Abstrahlung nur nach unten und gut austauschbare Leuchtpaneele mit passender Lichtfarbe, die Insekten weniger anlockt. Letztere sehen anders als der Mensch und das Meiden bestimmter Lichtfrequenzen stellt für unsere Augen keine Einbuße in der Helligkeitswahrnehmung dar. Hintergrund hier war die impulsgebende und rührige „Dark Sky Community“, die auch in der benachbarten Sternwarte Petersberg vernetzt ist. So kam auch eine Abordnung der Sternenfreunde Petersberg zum Campusvortrag. Der Umwelt-Campus selbst setzt seit Jahren auf die fortschrittliche LED-Technik. Ein weiterer Gewinn wäre, Bewegungsmelder einzusetzen, die z.B. 200 m um Passanten herum die Lampen gezielt ein- und ausschalten.
Die Besuchsgelegenheit im Landkreis Birkenfeld nutzte Dr. Hänel, aus Osnabrück kommend, neben Messungen für die Petersberger Sternenfreunde auch nachts auf dem Erbeskopf, um die Kuppe auf 818 m über N.N. zu inspizieren. Hier äußerte er starke Unzufriedenheit über die sehr unbedachte Beleuchtung der Radaranlage und der angrenzenden Einrichtungen: „Das hätte man alles viel besser und für die Natur ungestörter machen können!“, so Hänel deutlich. Er will die Betreiber anschreiben, denn Änderungen sind bisweilen einfach, rasch und preiswert umzusetzen.
Die erste bundeslandübergreifende Lichtschutzbeauftragte arbeitet bereits vom Bundesland Hessen aus. Dabei geht es um kommunale Beratungsleistung, die Ausweisung von Lichtschutzgebieten auch in industrieintensiven Regionen, vor zu viel und falschem Licht bei Nacht. Dr. Hänel untermauerte seine Ausführungen mit einer Fülle von transdisziplinären wissenschaftlichen Auswertungen, die Staunen bei den Studierenden und regional Interessierten hervorriefen. Im Schlusswort bedankte sich Prof. Rick sowohl beim angereisten Dozenten wie auch der Heinz Sielmann Stiftung, die diesen Vortrag für die Nonprofit-Studierenden und die breite Öffentlichkeit finanziert hat.
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